Was nur der Sport möglich macht - Kleine und große Wunder bei der Landesmeisterschaft Ju-Jutsu

Grenzen überwinden, über sich hinauswachsen, zusammenarbeiten, wahrgenommen und anerkannt werden – all das passierte am Samstag in der Leintorhalle des TKW anlässlich der Landeseinzelmeisterschaft im Ju-Jutsu Fighting und NeWaza.

275 Starter aus ganz Niedersachsen waren am vergangenen Samstag nach Nienburg angereist und hatten schon früh den Parkplatz des TKW komplett gefüllt. In der Halle startete um acht Uhr die Wiege- und Anmeldeprozedur. Die erste Möglichkeit für die Nachwuchsathleten, über sich (in Geduld) hinaus zuwachsen.
Bei der obligatorischen Eröffnungszeremonie wurde es bewegend: Nachdem zuerst TKW-Oldie Harald Stein für seinen Einsatz für Sport und Sparte mit der Verleihung des 3. Dan-Grades (Meistergrad im Ju-Jutsu) geehrt worden war, ging das Mikro an den ehemaligen Landestrainer Fighting und Träger des 7. Dan, Michael Falk, um eine Laudatio auf Norbert Schmied zu halten. Als langjähriger Weggefährte und Vorgänger im Amt des Landestrainers konnte Michael Falk aus erster Hand Schmieds sportlichen Werdegang und seine aufopferungsvollen Bemühungen um die Sportler und ihren Sport schildern.
Dafür wurde Schmied vom Präsidenten des NJJV, Hans Radke, mit einer der höchstmöglichen Auszeichnungen geehrt: Dem 6. Dan-Grad im Ju-Jutsu, sichtbar am rot-weißen Gürtel. Diese besondere Auszeichnung ist einem Oskar für das Lebenswerk vergleichbar und wird nur wenigen besonders verdienten Persönlichkeiten des Sports zuteil.

Nach diesem bewegenden Moment starteten die Sportler, die diesen Weg noch vor sich haben: Mit der Altersklasse U8, d.h. unter 8 Jahren, begannen die Kämpfe. Für viele war es der erste Auftritt auf der Matte: Dem Gegner/der Gegnerin Auge in Auge gegenüberstehen – was würde passieren? Da nur ein Sieger die Matte verlassen kann, gab es auch für einige TKW-Starter Niederlagen, die jedoch als Schritte auf dem Weg wichtige Erfahrungen bilden werden. Wer sich wie die kleine Thea Jefremow trotz großer Aufregung mehrfach überwunden und der Herausforderung gestellt hat, hat an diesem Tag eine große Leistung vollbracht und wurde mit aufmunterndem Applaus des Heimpublikums gefeiert. Den gab es auch für die bereits erfahreneren unter den Jüngsten, wie Clara Armbrecht, die alle Kämpfe gewinnen konnte und die Matte stets mit einem strahlenden Lächeln betrat und wieder verließ.

Nachdem der Wettkampfbetrieb Fahrt aufgenommen hatte, planerisch unterstützt durch Lennart Schubert, der das NJJV-Team erneut bereicherte, und unter den wachsamen Augen von Kathy Gundlack als Kampfrichterin, wurden die Leistungen des Verpflegungs-Teams sichtbar: Schnell waren die ersten Brötchenvorräte erschöpft und es musste für Nachschub aus den umliegenden Bäckereien gesorgt werden – was bereits fest eingeplant war. Die Versorgung der Teilnehmer, Begleiter, Gäste und Zuschauer konnte so durch die vielen unermüdlichen beteiligten Helfer in der Küche und den Verkaufsständen perfekt sichergestellt werden.

Im Tagesverlauf wurden die Kämpfer größer und älter – es ging aufsteigend durch die Alters- und Gewichtsklassen. Das Team des TKW konnte hier erneut für zahlreiche Glanzlichter sorgen, die am Schluss zu Platz drei in der Vereinswertung führen sollten:
Michel Bauermeister holte sich mit enormem Einsatz und Kampfeswillen trotz Nasenbluten einen der insgesamt 9 Landesmeistertitel. Niklas Zimpfer wurde von nur einem Gegner in seinem Potential kaum gefordert und erwies sich als gewohnt sichere Bank für den Titel. Tristan Schmied überzeugte erneut durch brillante Techniken, die dicht an der Perfektion waren – ein weiterer Platz eins war sicher.

In der Klasse von Kilian Schmied und Pit Guse kam es zu einem besonderen Phänomen: Drei Starter hatten „jeder gegen jeden“ gekämpft mit demselben Ergebnis bei jedem: 2 Siege, eine Niederlage. Wobei Kilian zwar Pit geschlagen hatte, jedoch im Kampf gegen den später Erstplatzierten unterlag, gegen den Pit wiederum gewonnen hatte. Kilian war erst eine Woche vor dem Turnier wieder fit geworden, nachdem ihn ein grippaler Infekt um eine intensivere Wettkampfvorbereitung gebracht hatte. Am Ende entschied die Anzahl der „Ippons“ (vollen Punkte): Hier hatte Kilian (Platz 2) die Nase vor Pit (Platz 3).

Auch Marie Steinborn zeigte starken Einsatz und wurde dafür mit Platz 2 in ihrer Klasse belohnt. Ebenso platzierte sich Taha Özdemir bei seinem ersten Wettkampf.
Bis in den späten Nachmittag mussten die wenigen Erwachsenen der TKW-Riege warten, doch dann schlug insbesondere Merit Prüß zu, die als einzige TKW-Athletin in beiden Disziplinen, Fighting und NeWaza, an den Start ging – und zweimal die Goldmedaille einsammelte.

Und endlich kam auch die Stunde der Comebacks: Die Athleten Florian Gundlack (34 Jahre) und Thore Guse (45 Jahre) hatten beschlossen, beim Heimspiel die Herausforderung der jungen Generation anzunehmen. Gundlack zeigte dabei eine bärenstarke kämpferische Leistung, schlug den amtierenden deutschen Meister in seiner Gewichtsklasse und holte Silber! Guse unterlag zwar zweimal (Hin- und Rückkampf) dem Landeskaderathleten Rico Haas, konnte aber in diesem ersten Wettkampf seit 23 Jahren dem nicht einmal halb so alten Gegner lange Zeit Paroli bieten. Am Ende bleib auch für ihn die Silbermedaille als dauerhafte Erinnerung.

Krankheits- bzw. verletzungsbedingt fehlten leider Valentin Zimpfer und Tarje Guse, die aber hoffentlich Anfang Februar 2024 mit allen andern Platzierten wieder für das Team Niedersachsen bei der Gruppeneinzelmeisterschaft Nord werden angreifen können.

Am Ende des Tages war noch viel Aufräumarbeit zu erledigen, bis sich die gesamte Ju-Jutsu-Sparte im Clubraum des TKW zu einem verdienten Pizza-Essen zusammenfand, um die Eindrücke des Tage miteinander zu teilen. Diese LEM wird als ein Highlight in der Geschichte der Sparte festgehalten.